Unlängst flatterte eine Kampagne des Deutschen Kork Verbandes e.V. und des portugiesischen Korkverbandes zu mir in Haus mit dem Titel “ Die 8 häufigsten Weinkork Irrtümer“. Dies habe ich zum Anlass genommen, das Thema wieder einmal genauer zu beleuchten. Ich möchte mich hier weder gegen noch für den Kork aussprechen. Wie im Leben so üblich, hat alles seine Vor- und Nachteile. Auch beim Weinkorken ist dies nicht anders.
Beim Weinkorken scheiden sich bekanntlich die Geister. Die einen verehren ihn, die anderen sind froh, wenn er nicht im Flaschenhals sitzt. Dabei geht es sowohl um ästhetische als auch um ganz praktische Gründe. So mancher möchte auf das Ritual des Entkorkens nicht verzichten – anderen ist es schlichtweg egal. In Italien war es bis vor kurzem noch undenkbar, eine Weinflasche ohne Weinkorken auszustatten – selbst wenn er noch so günstig im Verkaufsregal steht. Da griff man lieber auf die Plastik- und Presskorkvarianten zurück, als auf den Schraubverschluss zu setzen. Im Gegensatz zu den Winzern aus Neuseeland, die Ihre Weine fast ausschließlich mit alternativen Verschlüssen, sprich Drehverschlüssen ausgestattet haben.
Die Notwendigkeit, so manche Weinflasche mit Alternativen zum Weinkorken zu verschließen ist unbestreitbar. Wurde in den letzten Jahrzehnten immer mehr Wein angebaut bzw. in Flaschen abgefüllt, so blieb die Korkbaumanzahl so gut wie konstant. Dazu kommt das große Problem, das ein Korkbaum erst einmal 20 Jahre braucht, bis von ihm verwertbarer Kork für die Weinindustrie geerntet werden kann. Da sich die Korkindustrie eher auf die Produktion von anderen Korkprodukten verlegt hat, so konnte und kann die steigende Nachfrage nicht von heute auf morgen gestillt werden. Die Folge war, das minderwertiger Kork dafür gesorgt hat, das tausende und abertausende Flaschen Wein auf einmal nicht mehr genießbar waren.
Die Alternativen sind zahlreich. Vom Press- und Plastikkork über den Glasverschluß zum Stelvin (Drehverschluss). Presskork wird aus den Resten der Korkproduktion gewonnen und hat deshalb genauso mit dem „Korkgeschmack“ zu kämpfen, wie der Naturkork. Plastikkork braucht Weichmacher. Lösen sich die Weichmacher aus dem Korken, wird er hart. Außerdem haben Weichmacher nichts im Wein zu suchen. Glasverschlüsse brauchen einen Silikonring um auf dem Flaschenhals dicht zu halten. Er ist relativ teuer, schaut aber gut aus. Leider gibt es nur wenige Erkenntnisse über die Langlebigkeit. Der Drehverschluss ist im Moment die kostengünstigste und beste Alternative. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten (undicht, lies sich nicht öffnen) ist dies die aktuell populärste Alternative.
Aber nun zu den 8 Kork Irrtümern:
1. Für die Herstellung von Naturkorken werden Korkeichen gefällt
Natürlich nicht. Die Bäume werden alle neun bis 12 Jahre geschält bzw. behutsam von der Rinde befreit. Dies ist natürlich „gesünder“ als ein künstlich hergestellter Drehverschluß. Wobei man auch sagen muss, dass nach dem Schälen ja weitere Produktionsschritte folgen, die Energie und Ressourcen verbrauchen.
2. Die Korkeiche stirbt aus
Auch dies kann klar verneint werden. Die jährliche Fläche wächst um 150 000 Hektar weltweit. Doch beachte, wie oben beschrieben dauert es bis zu 20 Jahren um das erste mal einen Weinkorken „ernten“ zu können. Und danach muss man wieder mindestens 10 Jahre warten, bis die Rinde wieder die geeignete Dicke hat. Schnell mal paar Bäume pflanzen und dann nächstes Jahr mehr Weinkorken produzieren iss also nicht.
3. Der Naturkorken ist schuld an den Weinfehltönen
Ja und nein. Überraschenderweise ist trotz der alternativen Verschlüssen immer wieder von korkigen Weinen berichtet worden. Erst nachdem man den Kork weggelassen hat, ist man zur Erkenntnis gekommen, das es auch andere Ursachen für diesen üblen Geschmack gibt. Trotzdem waren früher viele Weinkorken für diesen Fehlgeschmack verantwortlich. Schuld sind Chlorverbindungen bzw. chlorhaltige Reinigunsmittel, die zum säubern der Korken verwendet wurden. Das TCA (Trichloranisol), das man schon in geringsten Mengen schmeckt, entsteht häufig, wenn chlorhaltige Mittel und Schimmelpilze miteinander „reagieren“. So kann es vorkommen, wenn chlorhaltige Putzmittel im Weinkeller eingesetzt werden, schon kleinste Rückstände für diesen unangenehmen Geschmack und Geruch im Wein verantwortlich sind, auch ohne Naturkorken. Die Korkindustrie hat daraus gelernt und ist von den chlorhaltigen Reinigungs- und Konvervierungsmitteln abgekommen. Um die Anzahl der Korkschmecker weiter zu senken, gibt die Korkindustrie inzwischen viel Geld für die Erforschung aus.
4. Flaschen mit Korkverschluss müssen liegend gelagert werden
In der Tat ist diese Behauptung nicht richtig. Der Weinkorken trocknet nicht aus. Viel mehr machen dem Korken Temperaturschwankungen zu schaffen, denn dadurch zieht er sich zusammen und wieder auseinander. Diese Bewegungen über Jahrzehnte und natürliche Alterungsprozesse machen den Weinkorken undicht bzw. Kork ist ja eh nicht dicht. Eigentlich sollten alle Weine stehend gelagert werden. Der Wein kommt nicht mit dem Kork nicht in Berührung. Dadurch bleiben die Weine reintöniger. Wer also auf eine optimale Lagerung wert legt, sollte vor allem für konstante Klimabedingungen sorgen.
5. Es ist gleichgültig, welcher Verschluß den Wein verschließt
Auch das ist falsch. Aber aufgepasst, diese Wiederlegung des Mythos geht nach hinten los. Es ist richtig, das Kork luftdurchlässig ist und für das weiteratmen bzw. weiterreifen der Weine verantwortlich ist. Diese Eigenschaften möchte man ja vor allem bei Rotweinen haben. Doch auch bei den alternativen Verschlüssen reift der Wein weiter – nur langsamer. Hier genügt schon die kleine Luftblase zwischen Wein und Weinkorken. Dies heißt aber im Umkehrschluss, dass hochwertige Weine mit Stelvin ausgestattet werden sollten, denn auch dieser unterstützt den Reifeprozess, nur wesentlich langsamer. Der Wein reift hier noch langsamer, zögert das optimale Trinvergnügen natürlich damit heraus und erhält somit die Weine noch länger als ein Weinkorken aus Naturkork.
6. Naturkork sind teuer
Ein Naturkorken kostet zwischen 10 und 80 Cent. Qualität hat seinen Preis. Dabei bleibe ich. 80 Cent für einen Discounterwein für 1,99 € dürfte deshalb sehr teuer sein. Kostet der Wein 59,90 € fällt dies weniger ins Gewicht. Auf jeden Fall ist der Stelvin billiger und besser ( dafür ist die Flasche aber ein kleines bisschen teuerer) bei „günstigen“ Weinen, da einem billigen Naturkork mehr zu mißtrauen ist, wie dem eh schon günstigen Stelvin. Ansonsten ist der Preis des Korkens bei teureren Weinen eher eine Frage des Establishments, der Gewohnheit und der persönlichen Einstellung zum Weinverschluss.
7. Der Verschlusstyp lässt sich an der Kapsel erkennen
Dies halte ich weder für einen Mythos, noch irgendwie relevant.
8. Weinkorken sind ein Wegwerfprodukt
Das stimmt natürlich nicht. Kork ist recylebar. Dieser kann z.B. gesammelt werden und für Pressdämmmatten aus Kork wieder verwendet werden. Dafür gibt es eine Vielzahl an Beispielen. Wer den Naturkork also aus Sicht des Umweltschutzes betrachtet, macht hier sicherlich nichts verkehrt. Natürlich sollten die nachfolgenden Prozessschritte nach dem Schälen sich dem ressourcenschonenden Umweltgedanken unterordnen, damit zum Schluß aus dem Saubermann kein Schmutzfink wird.
Natürlich gibt es noch viele weitere Pro und Contras für den Naturkork als Flaschenverschluss. Im Großen und Ganzen besteht kein Grund auch in Zukunft auf den Naturkorken zu verzichten. Alternative Verschlüsse haben genauso Ihre Daseinsberechtigung. Es ist eher eine Frage der Ästhetik, der Akzeptanz, des Preises und der natürlichen Ressourcenmenge. Was meiner Meinung nach weniger eine Rolle spielt, ist die positive oder negative Auswirkung auf den Wein. Schon so viele bessere Technologien in anderen Bereichen sind den Bach hinuntergegangen, weil das Marketing bzw. die strategischen Partnerschaften des Konkurrenten (und des schlechteren Produkts) besser war.