Oft wird behauptet, das die Scheurebe die deutsche Antwort auf den Sauvignon Blanc ist. Dabei haben die zwei Sorten auf dem ersten Blick nichts miteinander gemeinsam. Sie sind weder verwandt noch verschwägert. Ob die beiden überhaupt ähnlich sind und warum, können sie im Folgenden herausfinden. Am Ende habe ich ein Probierpaket mit jeweils 3 Scheurebe und 3 Sauvignon Blanc von unterschiedlichen Winzern, unterschiedlichen Angbaugebieten und unterschiedlichen Philosophien geprägt. Viel Spaß beim Lesen.
Der Sauvignon Blanc
Der Sauvignon Blanc ist eine vermutlich, wie auch Cabernet Sauvignon, aus dem Südwesten Frankreichs stammende spätreifende Weißweinrebe, die als sogenannte Edelrebe gilt. Sie ist dort urkundlich seit Anfang des 18. Jahrhunderts nachgewiesen und zählt zu den wichtigsten weißen Rebsorten nach dem Chardonnay. Neben der weltweiten Verbreitung findet die Rebsorte auch in Deutschland immer mehr Winzer, die sich der Rebsorte annehmen. Sauvignon Blanc stellt hohe Ansprüche an den Standort. Die Rebsorte gedeiht am besten auf mageren und trockenen Böden. Die Trauben erlangen nur in warmen Südlagen mit höherer Bodenfeuchtigkeit die Vollreife. Ebenfalls wichtig ist eine hohe Luftfeuchtigkeit, welche die Entwicklung des Buketts beeinflusst. Die Festigkeit gegen Winterfröste ist gering, es besteht ebenfalls eine Anfälligkeit gegen verschiedene Krankheiten sowie Verrieselung. Durch die späte Reife fällt der Lesezeitpunkt meist in den Oktober. Qualitätsvoller Wein ist nur aus der vollreifen Traube mit entsprechendem Extrakt zu keltern. Typisch für den Sauvignon Blanc ist eine grasige Würze in Duft und Aroma, die entweder im Vordergrund steht oder zugunsten von fruchtigen Noten wie schwarzen Johannisbeeren etwas zurücktritt. Diese markanten Eigenschaften setzen sich zumeist im Geschmack fort. Trocken ausgebaute Weine schmecken jung am besten und bestechen durch eine vornehme Säure. Die edelsüßen Weine dieser Sorte besitzen zumeist ebenfalls ein feines, aber deutliches Säurespiel. Diese besitzen auch eine gute Lagerfähigkeit und werden im Alter immer harmonischer und vollmundiger.

Die Scheurebe
Die Scheurebe ist eine Neuzüchtung aus dem 20ten Jahrhundert. Sie ist eine Kreuzung aus Riesling und Silvaner und wurde vom Rebenzüchter Georg Scheu 1916 in Alzey erstmals gezüchtet. Ursprünglich hieß die Weinrebe Sämling 88. In Österreich wird auch heute noch dieser Name gebraucht. Nach einigen Namensänderungen von S88, Sämling oder Dr. Wagner-Rebe, beschloss man die Rebsorte nach ihrem ursprünglichen Erfinder auch Scheurebe zu nennen. Die Scheurebe ist eine recht anspruchsvolle Sorte und stellte einige Ansprüche an seinen Standort. Sie ist auch eine eher spätreifende Rebsorte, was bei unseren klimatischen Bedingungen zu vielschichtigen und durchaus komplexen Geruchs- und Geschmacksprofilen führt. Die Aromatik und Duft der Scheurebe ist recht ausgeprägt und wer einmal eine Scheurebe getrunken hat, kann sie leicht wieder erkennen. Sie hat ein betontes Sortenbouquet, das oft an schwarze Johannisbeeren auch an Mango, Mandarinen, Pfirsichen, Limone, Maracuja oder reifen Birnen erinnern kann. Oft wird die Scheurebe auch im halbtrockenen und lieblichen Bereich angeboten. Dies unterstützt zusätzlich die Sortenaromatik und macht die Rebsorte unglaublich vielschichtig und zu vielen Gelegenheiten einsetzbar. Wer die Scheurebe in allen Variationen probieren will ist im Weingut Pfeffingen in der Pfalz genau richtig. Egal ob Stahlausbau, Spätlese, Beerenauslese oder Sekt. Hier gibt es diese Sorte in allen Variationen.

Ein paar statistische Zahlen
Laut Zahlen des statistischen Bundesamtes (2014) schrumpfte die Scheurebefläche von knapp 3200 ha in Deutschland auf knapp 1500 ha im Jahr 2014. Der Sauvignon Blanc hingegen wurde 1999 noch gar nicht erfasst bzw. in Deutschland nicht angebaut ( außer Versuchsanbau). In den letzten 16 Jahren hat sich die Anbaufläche auf ca. 850 ha. hochgeschraubt. Der Riesling zum Vergleich ist Deutschlands meist angebaute Rebsorte mit ca. 22 500 ha. Bei einer Gesamtanbaufläche weißer Sorten in Deutschland von 66 500 ha macht die Scheurebe ca. 2,2 % und Sauvignon Blanc ca. 1,3 % aus. Die meiste Anbaufläche beider Rebsorten liegt in Rheinhessen und der Pfalz. Weit abgeschlagen kommen dann die Nahe, Baden und Franken (Scheurebe: 740 ha Rheinhessen, 35o ha Pfalz, 105 ha Nahe, 48 ha Baden, 28 ha Sachen usw. – Sauvignon Blanc: ca. 366 ha Pfalz, 225 ha Rheinhessen, 113 ha Baden, 58 ha Württemberg, 21 ha Nahe).
Die Aromen von Sauvignon Blanc & Scheurebe
Das Aroma der Scheurebe wird hauptsächlich durch Alkanthiole bzw. Mercaptane beeinflusst. Alkanthiole sind Alkohole, deren Sauerstoffatome durch ein Schwefelatom ersetzt ist. Also nicht H2O sondern H2S. Diese Verbindung identifiziert unsere Nase in einer geringen Dosis als schwarze Johannisbeere und in großer Konzentration als Fehlduft, nämlich dem Böckser. Der Duft nach schwarzen Johannisbeeren ist also ein Gemeinsamkeit der beiden Rebsorten. Beide Rebsorten sind also durch die wahrnehmbaren Aromen der schwefeligen Verbindungen geprägt. Des weiteren findet man vor allem im Sauvignon Blanc auch noch Aromen die an Grapefruit, Maracuja oder Ananas erinnern. Auch daran sind die schwefeligen Verbindungen schuld. Diese Aromen sind aber weitaus weniger ausgeprägt wie die schwarze Johannisbeere. Die Mercaptene für die Johannisbeere kommen vor allem im Traubensaft vor und die für Grapefruit und Maracujaaromen kommen in der Traubenhaut vor.
Aber auch Unterschiede gibt es. So hat die Scheurebe eine zweite große Stoffgruppe, die die Aromatik beeinflußt, nämlich die Terpene. Die Terpene prägen eigentlich so Bouquetsorten wie Gewürztraminer, Muskateller oder auch den Riesling. Zu der Stoffgruppe gehören Linalool ( blumig, Maiglöckchen), Nerol (Rosendurft und Zitrusaromen), und Geraniol (Rosenduft). Diese Terpene sitzen vor allem in der Traubenhaut. Auch beim Sauvignon Blanc gibt es eine weitere Stoffgruppe, die Pyrazine. Diese sind für die Paprika, Pfeffer, Gras, Erbsen und Brennesselaromen verantwortlich. Auch die Pyrazine kommen in der Haut, den Kämmen und den Kernen vor.
Sauvignon Blanc & Scheurebe – Brüder im Geiste
Obwohl die Weine weder verawandt noch verschwägert sind, kommt doch die Aromatik der schwarzen Johannisbeere bei beiden Weinen vor. Wie oben beschrieben sind diese im Beerensaft enthalten, die anderen Stoffgruppen bei Scheurebe und Sauvignon Blanc in der Beerenhaut. Der Winzer kann jetzt durch natürliche Maßnahmen im Keller den Geschmack beeinflussen. So haben die Önologen der DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, Oppenheim durch unterschiedliche Lesezeiten, Maischestandzeiten und Hefen herausgefunden, das wenn die Trauben bei ca. 80 Grad Öchsle geerntet und eine Anreicherung durchgeführt wird, damit der Alkohol auf 12 bis 12,5 % ansteigt, die Scheurebe dem Sauvignon Blanc ziemlich nah kommen kann. Im Keller sollten die Weine reduktiv ausgebaut werden und mit Sauvignon Blanc Hefen vergoren werden.
Es können durch abändern der verschiedenen Parameter auch völlig andere Weine vinifiziert werden. Erhöht man z.B. die Maischestandzeiten, so werden mehr Terpene bzw. Pyrazine aus den Trauben der Scheurebe bzw. Sauvignon Blanc gelöst. Die Scheurebe bekommt mehr Maracuja, Mango bzw. Pfirsichnoten, der Sauvignon Blanc mehr Paprikaaromen. Durch eine kühlere Vergährung und unterschiedliche Mostklärverfahren, durch die Auswahl verschiedener Gärhefen usw. usw. usw. bekommt man Weine mit verschiedenem Charakter wieder, im Wesen dennoch bleiben die Sorten gleich. Dies macht die Geschmacksvielfalt einer Sorte aus und jeder kann sich an seinen Geschmackstyp herantasten
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