Ende September haben wir die Gelegenheit genutzt, um dem trostlosen Wetter in Deutschland zu entfliehen. Eigentlich wollte ich schon lange mal Selva Capuzza besuchen. Neben dem Weingut betreibt Massimo Marai auch das Ristorante Cascina Capuzza und das Agriturismo Borgo San Donino. Neben den 35 ha Weinbergen, die mit ca. 70 % Trebbiano für Lugana bepflanzt sind, bietet Selva Capuzza also noch jede Menge andere Gelegenheiten, die Gegend um Desenzano zu genießen.
Gesagt, getan, haben wir uns entschlossen das lange Wochenende auf Selva Capuzza zu verbringen. Das Weingut liegt gut 7 km vom Gardasee entfernt etwas im Hinterland. Es war dort angenehm ruhig und man hat dort fast nichts vom Trubel des Gardasees mitbekommen. Überraschenderweise waren auch einige andere Weingüter in direkter Nähe Selva Capuzza. Bulgarini und Ottella waren keine 5 Autominuten von uns entfernt und so entschlossen wir uns, auch dort kurz vorbeizuschauen.








San Martino della Battaglia – die Wiege des heutigen Italiens
In etwa 2 km Entfernung ragt ein hoher Turm in die Höhe. Der Ort nennt sich San Martino della Battaglia. Wer hätte es gedacht, ist dieser Ort mit die Geburtswiege des heutigen Italiens. In der Schlacht von Solferino und San Martino (24. Juni 1859) schlug das Heer von Sardinien-Piemont mit Hilfe der Franzosen die Österreicher in die Flucht und vertrieb die Truppen Österreichs aus der Lombardei. Der Turm von San Martino della Battaglia (1878 erbaut) ist 75 Meter hoch und erinnert an den Sieg der Italiener über Österreich. Am Fuße des Turms befindet sich ein Museum, dass die Schlacht geschichtlich festgehalten hat. Der monumentale Turm mit seiner spiralförmigen Treppe bietet nicht nur Einblicke in die Geschichte, sondern auch einen Panoramablick über den Gardasee und die umliegende Landschaft.
Der Zweite Italienische Unabhängigkeitskrieg war ein entscheidender Schritt im Prozess der italienischen Einigung (Risorgimento). Italien war im 19. Jahrhundert stark zersplittert. Viele Gebiete standen unter österreichischer Herrschaft oder unter dem Einfluss fremder Mächte. Sardinien-Piemont wollte die Führung in der italienischen Einigungsbewegung übernehmen. Camillo Benso di Cavour, der piemontesische Ministerpräsident, verbündete sich mit Frankreich (Plombières-Abkommen 1858), um Österreich aus Norditalien zu vertreiben. In Solferino und San Martino kämpften nicht weniger als 200 000 Soldaten um die Vormachtstellung in Italien. Die Österreicher wurden vertrieben und traten mit dem Friedensschluss von Villafranca 1859 die Lombardei an Frankreich ab, das sie anschließen an Sardinien-Piemont weitergab. Der Sieg der Schlacht gilt heute als entscheidender Schritt für die Gründung des Königreiches Italien 1861.
Nach und nach zogen sich die Franzosen aus Italien zurück. Parma, Modena, Toskana und Romagna entschieden sich durch Volksentscheide sich Sardinien-Piemont anzuschließen. Dafür bekam Frankreich Savoyen und Nizza. Garibaldi befreite das heutige Sizilien von Bourbonen und übergab es an den italienischen König. Italien verlagerte die Hauptstadt von Turin nach Florenz (1865). Rom blieb damals noch unter päpstlicher und französischer Kontrolle.
1866 tobte der dritte italienische Unabhängigkeitskrieg. Das Bündnis mit Preußen gegen die Österreicher brachte Italien das Veneto zurück. 1870 wurde Rom italienisch und 1871 die Hauptstadt Italiens. Die politische Einigung gelang schnell, die gesellschaftlich-ökonomische Integration beschäftigte Italien noch Jahrzehnte.
Nachhilfestunde in italienischer Geschichte macht hungrig
Da die Nachhilfestunde in italienischer Geschichte ganz schön hungrig gemacht hat, besuchten wir das Restaurant von Selva Capuzza. Das Ristorante Cascina Capuzza pflegt die einfache hochwertige italienische Küche. Pizza und Spaghetti sucht man hier vergebens und wir haben sie auch nicht vermisst. Sowohl das Restaurant als auch das Agriturismo könnte man sehr gut als „Rustical“ bezeichnen, was die Häuser und Einrichtung betreffen. Keine modernen Bauten und unnötiger Schnickschnack. Das Alte wurde hier bewahrt und in das hier und heute transferiert. Nicht massentourismustauglich und auch kein überbordender Luxus. Eben genau so, so dass sich italienische Einheimische in das Restaurant „verirren“. Ein bisschen so, als würde man im Wohnzimmer einer italienischen Familie sitzen und nicht im Schnellabfertigungstourismusrestaurant am Ufer des Gardasees.
Aus das Weingut Selva Capuzza fügt sich nahtlos in die Landschaft um Desenzano und San Martino della Battaglia ein. Auf 35 ha wird hier überwiegend Lugana DOC angebaut. Massimo Marai baut die Weine zwar nicht als Bioweine an, dennoch achtet er sehr genau auf eine Diversifikation im Weinberg. Die Weinberge sind nicht auf Massenanbau getrimmt. Hier stehen noch Bäume und Sträucher mitten in den Weinbergen. Daneben kommt wieder ein Stück „Wäldchen“. Vielleicht mal ein kleiner Teich. Biodiversifikation trifft es vielleicht ganz gut. So versucht man hier auf dem Weingut ein Gleichgewicht der Natur herzustellen.












Weil wir eh schon da waren – ein Kurzbesuch bei Bulgarini und Ottella
Das Weingu von Fausto Bulgarini ist ca. 2 km von Selva Capuzza entfernt. Die letzten 10 Jahre wurde hier sehr viel Geld in die Hand genommen, um bestehende Gebäude zu renovieren und ein neues großes Gebäude zu bauen. im Keller werden die Barriquefässer für die hochwertigen Lugana und Rotweine gelagert. Die Kellertechnik ist auf dem letzten Stand. Die Verarbeitungswege sind kurz und die Trauben werden ohne unnötige Eingriffe wie umpumpen verarbeitet. Der bekannteste Wein ist der Lugana DOC. Der Geheimtipp im Weingut ist der Fior di Lago.








Das Weingut Ottella findet man San Benedetto di Lugana. Ursprünglich war es etwas außerhalb von San Benedetto angesiedelt. Mittlerweise haben die Neubauten das Weingut eingeholt. Auch auf Ottella wurde in den letzten Jahren unglaublich viel modernisiert, verschönert und umgebaut. Das Weingut gehört Francesco und Michele Montresor. Ottella gilt als Pionier für Lugana auf dem veronesischen Seeufer; Herzstück sind Weine aus Turbiana (Trebbiano di Lugana). Mineralisch, präzise, mit der Frische des Gardasees. Neben Lugana produziert das Gut auch Amarone und Valpolicella, wodurch die Brücke vom Gardasee ins Valpolicella geschlagen wird. Besucher erwartet ein stimmiges Zusammenspiel aus Wein, Architektur und Kunst, das Ottella zu einer der besucherstarken Adressen in Lugana macht.











